Komm doch mal mit!
Komm doch mal mit!
Das haben meine Freundinnen vor vielen Jahren öfter zu mir gesagt. Ich hatte keine Zeit, oder nicht genug Interesse. Fensterstreichen und meditieren – Fensterstreichen konnte ich daheim auch und meditieren, das kannte ich nicht, hat mich nicht angesprochen.
„Komm, folgt mir nach!“ klingt ähnlich und hat mitgeholfen, die Welt zu verändern. Diese Worte kamen aus dem Munde Jesu. Mit Namen hat Jesus einzelne angesprochen und sie folgten, nicht ahnend, was da kommen wird und was v.a. daraus wird.
Kommt, folgt Jesus nach! Dazu möchte ich auch einladen. Sie sind heute schon mal der Einladung Jesu gefolgt, hierher in die Hl. Messe zu kommen. Und auch sonst leben Sie in Seiner Nachfolge, sonst hätten Sie diese Einladung wohl nicht angenommen.
Aber, es gibt verschiedene Wege der Nachfolge und darüber möchte ich heute ein wenig sprechen. Eine junge Frau aus Leipzig, Laura Fabian, ist diesem Ruf auch gefolgt und hat am 01. Mai dieses Jahres das Postulat in unserer benediktinischen Gemeinschaft in Kirchschletten bei Bamberg begonnen. Darf alle, die sie kennen recht herzlich grüßen. Auf unserer Homepage können Sie über Ihre Berufung nachlesen.
Jesus ruft auch heute noch Menschen in seine besondere Nachfolge als Priester und als Ordenschristen. Ist nur schwieriger geworden in unserer weltlichen und z.T. glaubenslosen Zeit. Was vor ein paar Jahrzehnten noch selbstverständlich war wie z.B. der regelmäßige Empfang der Sakramente ist weithin verloren gegangen, es fehlt die Sehnsucht danach.
Sehnsucht ist schon da, wird aber vielfach falsch erfüllt.
Nun, was hat mich dann damals in Kirchschletten so begeistert, was hat Laura hier auch erfahren?
Für mich war es wie eine andere Welt. Die Schwestern haben sich über uns Jugendliche gefreut. Mit einer großen Selbstverständlichkeit durften wir mit ihnen zusammen sein. Miteinander haben wir gearbeitet und gebetet. Wir durften damals beim Bau der Kirche mithelfen. Da keine großen finanziellen Mittel vorhanden waren, wurde ein Gebäude von Schwestern und Jugendlichen „entkernt“. Große Sandsteinquader mit Hammer und Meisel freigeklopft, mit einem Seil festgebunden und dann mit dem Traktor aus dem Raum gezogen. Selbst die Zwischendecke wurde entfernt, ein einziger Maurer hat geholfen. Er musste ein Doppelgewölbe errichten, das hätten wir nicht fertiggebracht. Etwas zu demolieren und dadurch eine Kirche zu bauen, ein großartiger Gedanke. Und dazwischen immer wieder das wunderschöne Chorgebet der Schwestern – es war irgendwie himmlisch. Eine Brotzeit und sonstige Mahlzeiten gab es natürlich auch. Dieses Miteinander, Zusammenhelfen, füreinander einstehen, das hat mich dann dermaßen begeistert: so wie diese Schwestern wollte ich auch werden. Nach meinem Krankenschwesterexamen bin ich dann sofort eingetreten. Diesen Traumberuf, im Krankenhaus zu arbeiten oder gar in die Entwicklungshilfe zu gehen, musste ich dann aufgeben. Aber nicht nur das: mein Auto und damit die Freiheit immer wieder dorthin zu fahren, wohin es mich zog, eine Familie zu gründen, modische Kleider usw.
Aber gewonnen habe ich meiner Meinung nach viel mehr. Für uns Benediktinerinnen gibt es ein Gelübde der Stabilitas, d.h. wir bleiben immer in dem Kloster in welches wir eintreten. Wir setzen uns an diesem Platz für unsere Gemeinschaft – die wird dann zu einer noch größeren, aber anderen Familie – und für die Menschen, die zu uns kommen ein. Dafür haben wir zwei Gästehäuser.
An unseren täglichen Gebetszeiten wie Laudes, Hl. Messe, Mittagshore, Vesper, Komplet und Vigil können alle, die es wollen, mit teilnehmen. Wir bilden hier eine Kirche im Kleinen, loben Gott und beten für die vielfältigen Anliegen und Nöte der Menschen. Wir beten also stellvertretend für andere. In der Stille des Klosters, bei Gesprächen, beim Mitarbeiten erfahren Gäste die Nähe Gottes. Dafür braucht es Menschen, eben uns. Ich sehe mich da als absoluten Mitarbeiter Gottes. Habe das neulich auch für einen Artikel einer landwirtschaftlichen Zeitschrift als Schlagwort gesagt: „Durch die Arbeit in unserer ökologischen Landwirtschaft sind wir Mitarbeiter an Gottes Schöpfung!“
In der Gemeinschaft habe ich dann mit einer ebenfalls jungen Mitschwester die Ausbildung zur Religionslehrerin gemacht und unterrichte mehr als vierzig Jahre Schüler von der 1. bis zur 9. Klasse. Es erfüllt mich, Kindern von Jesus zu erzählen, ihnen den Glauben zu vermitteln. Oft ist es auch sehr herausfordernd – ich sähe, ER muss wachsen lassen. Wie Gott will, das Vertrauen ist in mir gewachsen. Nach der gemeinsamen Ausbildung ging meine Mitschwester in den Kuhstall, obwohl sie durchaus eine gute Prüfung ablegte. Es hat ihr mehr Freude und Erfüllung gebracht. Klösterlicher Gehorsam, wie so manche denken, ist wahrlich nicht, dass man da unbedingt etwas machen muss, was einer Oberin einfällt, sondern es wird sehr wohl miteinander geredet und gesucht, was so das Beste ist. Es kann natürlich nicht immer nach Wunsch gehen, da gibt es mal Engstellen, doch draußen in der Welt, bei Ihnen, hat auch nicht jeder die Möglichkeit, das zu tun, was ihm am besten gefällt.
Wir müssen als Abtei selbst für uns sorgen, dafür haben wir auch noch eine Kerzenwerkstatt. Kerzen für verschiedene Lebensabschnitte und Anlässe zu verzieren ist eine sehr meditative Arbeit und die Kunden kaufen gerne, stellen sie sich doch vor, dass wir beim Verzieren beten. Und das tun wir auch. Wenn wir während des Arbeitens schweigen, dann beten wir in der Stille unseres Herzens, danken Gott für Gutes und Schönes, erkennen es noch mehr, bitten ihn für Kranke und für die vielen Menschen, die uns immer wieder um unser begleitendes Gebet bitten.
Als ich vor zwei drei Wochen Pfr. Glombitza angefragt habe, ob es eine Möglichkeit gäbe, heute hier in Ihrer Kirche etwas über unser klösterliches Leben zu erzählen, junge Menschen auf ein solches Leben aufmerksam zu machen und vielleicht sogar zu begeistern, habe ich mir das heutige Evangelium nicht angesehen. Ich bin für heute Nachmittag zur Löwenherzfriedenspreisverleihung im Kupfersaal eingeladen und wollte nicht nur wegen einer Sache so weit fahren. Ich finde, dass das heutige Evangelium sehr passend ist für alles was wir so in unserem Alltag versuchen zu leben.
Wer sich einer klösterlichen Gemeinschaft anschließt und auch wer Priester wird, der kann viele seiner Talente einsetzen, um Menschen für Jesus zu gewinnen. Bei uns sind die Möglichkeiten sehr vielfältig. Ich kann davon erzählen, ich kann es vorleben, berufen tut Jesus durch uns. Mögen sich die Herzen vieler junger Menschen seinem Ruf öffnen, ihm folgen und gute Begleiter finden. Amen.
Predigt am 19.11.2023 in St. Philipp Neri in Leipzig